Im neuen Licht:  Kohlenhydrate

Im neuen Licht:  Kohlenhydrate

Im neuen Licht:  Kohlenhydrate und sportliche Leistung

Kohlenhydrate gelten seit fast einem Jahrhundert als essenziell für die sportliche Leistungsfähigkeit. Diese Überzeugung geht auf zwei bahnbrechende Studien aus den Jahren 1924 und 1925 zurück, in denen Dr. Burgess Gordon und Dr. Samuel Levine von der Harvard Medical School feststellten, dass Läufer während eines Boston-Marathons blasse Haut, verringerte geistige Leistungsfähigkeit, extreme Erschöpfung und Reizbarkeit entwickelten. Bei der Untersuchung des Blutes dieser Athleten fanden sie sehr niedrige Glukosewerte, ein Zustand, der als Hypoglykämie bezeichnet wurde. Dieses plötzliche Gefühl extremer Müdigkeit und die verringerte Leistungsfähigkeit, insbesondere bei Langstreckenläufen, wurden später als „Hitting the Wall“ oder „Bonking“ bekannt.

Hypoglykämie ist ein medizinischer Begriff zur Beschreibung niedriger Blutzuckerwerte unter 70 mg/dL (<3,9 mmol/L), begleitet von hormonellen Gegenregulationsmechanismen, die Symptome wie Müdigkeit, Reizbarkeit und reduzierte kognitive Funktion hervorrufen.
Im folgenden Jahr gaben Dr. Gordon und Dr. Levine den Athleten während des Boston-Marathons gezielt Kohlenhydrate – mit der folgenden Logik:
„…Es wurde vorgeschlagen, dass eine ausreichende Aufnahme von Kohlenhydraten vor und während einer längeren und intensiven Muskelbelastung erhebliche Vorteile bringen könnte, indem sie eine Hypoglykämie und die damit verbundene Entwicklung von Erschöpfungssymptomen verhindert.“ Bemerkenswerterweise verbesserten sich fast alle Athleten, und keiner von ihnen entwickelte Hypoglykämie oder erlebte Symptome des „Hitting the Wall“. Dies war der erste Beweis dafür, dass durch Bewegung induzierte Hypoglykämie ein entscheidender Faktor für die sportliche Leistungsfähigkeit ist.

Im Jahr 1959 entwickelte Dr. Jonas Bergstrom eine Technik zur Entnahme von Muskelgewebe. Diese Technik, später als „Bergstrom-Muskelbiopsie“ bekannt, ermöglichte in seiner hochzitierten Arbeit von 1967 die Messung und Bewertung von Muskelglykogen. Dies führte zur Erkenntnis, dass Glykogen während körperlicher Belastung genutzt wird. Eine weitere bahnbrechende Entdeckung im Jahr 1986 stellte einen Zusammenhang zwischen erhöhter systemischer Kohlenhydratoxidation und Leistungsfähigkeit her. Diese Entdeckungen verlagerten den wissenschaftlichen Fokus schnell weg von der durch Bewegung induzierten Hypoglykämie als kritischem Leistungsfaktor hin zur Bedeutung von Muskelglykogen und Kohlenhydratoxidation.
Zusätzlich wurden hochkohlenhydrathaltige Diäten (HCLF), die reich an Glykogenspeichern sind, als essenziell für die Steigerung der Ausdauerleistung angesehen. Sie verhindern das frühzeitige Auftreten von Ermüdung durch eine kontinuierliche Kohlenhydratoxidation. Diese Überzeugung basiert auf der Annahme, dass Muskelglykogen eine obligatorische Energiequelle während längerer Belastungen ist und dass niedrige Glykogenspeicher zu einer schnelleren Erschöpfung führen können. Insgesamt wurde damit eine jahrhundertelange Annahme begründet, dass Kohlenhydrate für die menschliche Leistungsfähigkeit unverzichtbar sind – vor allem durch ihre Auswirkungen auf Muskelglykogen- und Kohlenhydratoxidationswerte.

Der Aufstieg der ketogenen (kohlenhydratarmen) Ernährung

Seit 2010 ist das Interesse an der ketogenen Ernährung sprunghaft angestiegen, da zahlreiche Studien ihr therapeutisches Potenzial für verschiedene Krankheiten und Störungen aufzeigten. Einige renommierte Sportphysiologen argumentierten zudem, dass eine ketogene Ernährung auch die sportliche Leistungsfähigkeit optimieren könnte. Allerdings gab es starken Widerstand aus der Sportwissenschaft. Mehrere Studien testeten diese Theorie und kamen zu dem klaren Schluss, dass die Anpassung an eine kohlenhydratarme Ernährung „schnell“ erfolgt, aber „die Leistung beeinträchtigt“.

Es gab jedoch ein Problem:
Alle diese Studien berücksichtigten nur eine kurze Anpassungszeit (< 4 Wochen).

Frühe Pioniere in den Bereichen Ernährung und Stoffwechsel, wie Dr. Stephen Phinney, schlugen vor, dass Athleten mit ausreichend langer Anpassungszeit – etwa vier Wochen – sich anpassen und auf einer ketogenen Ernährung optimal performen könnten. Er argumentierte, dass diese Athleten Zeit zur metabolischen Umstellung benötigten.

Verständnis der Anpassung an eine kohlenhydratarme Ernährung

In den 1960er- und 1970er-Jahren lieferte George Cahill wertvolle Einblicke in diesen komplexen physiologischen Prozess, die später im Jahr 2006 zusammengefasst wurden.
Hintergrund: Nach der Reduzierung von Kohlenhydraten aus der Ernährung werden die Glukosevorräte schnell aufgebraucht, gefolgt von der Reduktion der Leberglykogenspeicher. Dies führte zu einem Glukosemangel im Körper und löste eine Verringerung des Insulinspiegels aus. Insulin ist der Hauptregulator des Stoffwechsels und beeinflusst direkt enzymatische Prozesse im Fettgewebe und in der Leber zur Steuerung der Energiequellen. Mehr Insulin bedeutet mehr Speicherung, weniger Insulin bedeutet weniger Speicherung.
Die reduzierte Insulinausschüttung und die damit verbundenen Erhöhungen der Glukagon- und Katecholaminspiegel führten zu einer verstärkten Freisetzung freier Fettsäuren, die sich über Wochen hinweg zur dominierenden Energiequelle des Körpers entwickelten. Allerdings wissen wir bislang noch wenig über die genauen Zeiträume dieser metabolischen Anpassung, da sie schwer messbar sind.
Bemerkenswerterweise konnte die Normalisierung der Muskelglykogenspeicher in keiner Studie eindeutig nachgewiesen werden – mit Ausnahme einer Analyse von Ultra-Ausdauersportlern, die sich über einen Zeitraum von mehr als 9 Monaten an eine ketogene Ernährung angepasst hatten.Während das niedrigere Insulin in der Leber den „Block“ auf dem Fettstoffwechsel aufhob und so eine veränderte Substratnutzung ermöglichte – ein Prozess, der schnell erfolgt – gibt es weitere metabolische Veränderungen, die über längere Zeiträume hinweg stattfinden und noch nicht vollständig verstanden sind.Kürzlich testete ein Forschungsteam genau diese Theorie: Sie untersuchten Spitzensportler in einem 1,5 km  „Time Trial“ mit maximaler Anstrengung sowie in 6×800-Meter-Sprints unter kohlenhydratarmer und kohlenhydratreicher Ernährung über einen Zeitraum von 4 Wochen.

Ergebnisse:
Nachdem sich die Athleten vier Wochen lang an eine kohlenhydratarme Ernährung gewöhnt hatten, gab es nicht nur keine Leistungseinbußen bei sehr hoher Belastungsintensität, sondern die sportliche Leistung wurde durch „Rekordwerte“  der Fettverbrennung (>85 % ihrer VO2max) sogar optimiert.
Nicht nur die aufrechterhaltene Leistungsfähigkeit während intensiver körperlicher Belastung war überraschend, sondern auch die Fähigkeit des Körpers, Fett bei solch hohen Belastungsintensitäten als Hauptenergiequelle zu nutzen.

Herausforderung des „Crossover-Konzepts“
Über Jahre hinweg wurde angenommen, dass der Körper mit zunehmender Trainingsintensität von einer überwiegenden Fettverbrennung zu einer Kohlenhydratoxidation übergeht. Dieses Prinzip wurde als „Crossover-Konzept“ bezeichnet. Mit steigender maximaler Sauerstoffaufnahme (VO2max, ein Maß für die Trainingsintensität) nahm die Energiegewinnung aus Fett ab, während die aus Kohlenhydraten zunahm. Der Punkt, an dem der vorherrschende Energieträger von Fett zu Kohlenhydraten wechselt, wurde als „Crossover-Punkt“ bezeichnet. Das Problem: Aktuelle Daten zeigen Rekordwerte der Fettverbrennung (einige Athleten erreichten >1,5 g/min), selbst bei hoher Belastung (85 % VO2max), wo laut Crossover-Konzept nahezu keine Fettverbrennung mehr stattfinden sollte.

Durchbruch bei der Untersuchung von Langzeitausdauerleistungen
Bereits 1924 wurde beobachtet, dass Athleten beim Ausdauertraining an ihre Leistungsgrenze gelangen („Hit the Wall“). Besonders bei langen, intensiven Trainingseinheiten schien es logisch, dass eine kohlenhydratreiche Ernährung die Ausdauer verbessern könnte:

  1. Mehr Glykogenspeicher
    Eine kohlenhydratreiche Ernährung erhöht die Glykogenspeicher in Leber und Muskeln. Dadurch kann die Leber mehr Glukose freisetzen, um Hypoglykämie zu verhindern, während der Muskel über mehr gespeicherten Treibstoff für die Energiegewinnung verfügt. Eine kohlenhydratarme Ernährung sollte die Glykogenspeicher reduzieren, Hypoglykämie beschleunigen und die Kohlenhydratoxidation senken.
  2. Effizientere Energiegewinnung?
    Kohlenhydrate sollen eine effizientere Energiequelle als Fett sein, da ihre „Kosten“ pro Energieeinheit geringer sind. Eine kohlenhydratarme Ernährung sollte die Kohlenhydratoxidation reduzieren und die Fettverbrennung erhöhen – aber bedeutet dies wirklich eine reduzierte Leistung?

In der Sportphysiologie bildeten sich drei zentrale Fragen:

  1. Beeinträchtigt eine ketogene Ernährung tatsächlich die Ausdauer?
    Die Annahme war, dass weniger Muskel- und Leberglykogen die Kohlenhydratoxidation senken und die Leistung mindern würde. Falls ja, würde dies die zentrale Bedeutung von Glykogen und Kohlenhydraten für die Leistung unterstreichen.
  2. Kann eine minimale Kohlenhydratzufuhr zur optimalen Leistung führen ?
    Tests mit nur 10 g Kohlenhydraten pro Stunde (6- bis 12-mal weniger als die Standardempfehlungen) sollten zeigen, ob eine minimale Menge an Kohlenhydraten genügt, um Hypoglykämie zu verhindern – aber ohne Glykogenspeicher oder Kohlenhydratoxidation zu beeinflussen.
  3. Wie lange dauert die Keto-Adaption?
    Mithilfe einer kontinuierlichen Stoffwechselüberwachung über 6 Wochen wurde untersucht, wann sich die Leistungsfähigkeit auf einer ketogenen Ernährung normalisiert.

Studiendesign
Ein Forschungsteam unter der Leitung von Dr. Philip Prins, Dr. Timothy Noakes, Dr. Jeff Volek und Dr. Dominic D’Agostino testete diese Hypothesen an Triathleten.

Studiendesign-Kriterien:
Randomisierung: Die Reihenfolge der Diäten wurde zufällig festgelegt.
Crossover-Design: Jeder Teilnehmer durchlief beide Diäten, um genetische und umweltbedingte Unterschiede auszuschließen.
Konstante Kalorien: Die Kalorienaufnahme wurde in beiden Ernährungsformen gleichgehalten.
Kontrollierte körperliche Aktivität: Die Trainingsbelastung blieb konstant.
Ernährungsprotokoll: Alle Teilnehmer wurden durch Ernährungsberater überwacht. Der Ketose-Status wurde durch Ketone-Messungen überprüft.

 Teilnehmerprofil:
• Triathleten mit mindestens 160 km Radtraining pro Woche
• VO2max über 50 ml/kg/min
• Mindestens 8 Stunden Training pro Woche

Leistungstest:
Die Athleten folgten 6 Wochen lang entweder einer kohlenhydratreichen oder einer kohlenhydratarmen ketogenen Ernährung. Anschließend absolvierten sie ein intensives Ausdauertraining (70 % VO2max) bis zur völligen Erschöpfung („Hit the Wall“).

Die Ergebnisse:

  1. Ketogene Ernährung war nicht leistungsschwächer:
    • Trotz gesenkter Glykogenspeicher und geringerer Kohlenhydratoxidation zeigten die Athleten keine reduzierte Leistung.
    • Dies stellt die Annahme infrage, dass Kohlenhydrate für eine maximale Ausdauerleistung zwingend erforderlich sind.
  2. Kohlenhydratzufuhr steigerte die Leistung in beiden Diäten um 22 %:
    • Dies zeigt, dass Kohlenhydrate nicht zwingend in der täglichen Ernährung nötig sind – aber dennoch eine Rolle in der sportlichen Leistung spielen.
  3. Eine minimale Kohlenhydratzufuhr genügte, um Hypoglykämie zu verhindern:
    • Bereits 3,4 g Kohlenhydrate alle 20 Minuten eliminierten die Hypoglykämie und verbesserten die Leistung um 22 %.
    • Dies deutet darauf hin, dass der entscheidende Leistungsfaktor eher die Vermeidung von hypoglykämischer Erschöpfung als die absolute Glykogenspeicherhöhe ist.

Die Bedeutung der Keto-Adaption
Viele Forscher fragten sich: Warum dauert es 4 Wochen, bis sich die Leistung normalisiert?
Mithilfe kontinuierlicher Glukosemessung (alle 5 Minuten über 6 Wochen) zeigte sich:

Nach exakt 4 Wochen normalisierten sich:

  • Der 24-Stunden-Glukosespiegel
  • Der Ketone-Spiegel

Diese Daten geben erstmals einen objektiven Marker für eine vollständige Keto-Adaption.

Erkenntnisse

1) Ernährungswahl ist individuell:
Sportler können zwischen kohlenhydratreicher oder -armer Ernährung wählen, ohne Leistungsnachteile befürchten zu müssen.

2) Minimale Kohlenhydratzufuhr kann ausreichen:
10 g Kohlenhydrate pro Stunde können die Leistung bei langen Trainingseinheiten optimieren – viel weniger als die herkömmlichen Empfehlungen von 60-120 g/h.

3) Die 4-Wochen-Adaption ist entscheidend:
Eine langfristige Anpassung an eine ketogene Ernährung kann mit kontinuierlicher Blutzucker- und Ketonmessung überwacht werden.

4) Gesundheitliche Vorteile über den Sport hinaus:
Kohlenhydratarme Ernährung bietet therapeutische Vorteile für Stoffwechselerkrankungen und könnte eine sinnvolle Option für Sportler und Nicht-Sportler sein.

Fazit

Diese Studie stellt langjährige Überzeugungen in der Sporternährung infrage. Eine ketogene Ernährung beeinträchtigt die sportliche Leistung nicht und eine minimale Kohlenhydratzufuhr kann Hypoglykämie verhindern.
_ Kohlenhydrate sind nicht essenziell – aber sie können helfen.
_ Die Vermeidung von Hypoglykämie ist entscheidender als hohe Glykogenspeicher.
_ Ernährungsstrategien sollten individuell angepasst werden.

Diese Erkenntnisse ebnen den Weg für eine flexiblere und personalisierte Herangehensweise in der Sporternährung.

 

Intermittierendes Fasten

Intermittierendes Fasten

Intermittierendes Fasten gewinnt in den letzten Jahren zunehmend an Aufmerksamkeit, nicht nur wegen seiner gesundheitlichen Vorteile, sondern auch wegen der positiven Auswirkungen auf die Ausdauerleistungsfähigkeit.

Intermittierendes Fasten beschreibt in der Regel einen Zeitraum von 14 bis 24 Stunden, in dem keine energiehaltigen Nahrungsmittel oder Flüssigkeiten aufgenommen werden. Wasser, ungesüßter Kaffee und Tee ohne Milch sind während dieses Zeitraums jedoch unbedenklich.
In Bezug auf die Leistung im Ausdauersport wirkt sich intermittierendes Fasten tatsächlich positiv auf die Leistung aus, vor allem in der Weise, dass dein Fettstoffwechsel aktiviert und verbessert wird.
Erwarte jedoch während der Fastenperiode keine persönliche Bestleistung.
Das Fehlen der verfügbaren Kohlenhydrate/Zucker zur Stabilisierung des Blutzuckerspiegels kann die Leistungsfähigkeit beeinträchtigen. Intermittierendes Fasten hat eine Reihe von Vorteilen für Gesundheit und Leistung.
Die metabolische Flexibilität wird zunehmen, ebenso wie die mitochondriale Kapazität für den Fettstoffwechsel. Die Körperzusammensetzung ändert sich, da die Fettmasse normalerweise geringer wird.

Das solltest du beachten:

  • Die meisten haben Erfolg mit Protokollen, die Fasten für 18 bis 20 Stunden pro Tag vorsehen.
  • Plane dein intensives Training um das Fasten herum.

Während der Fastenzeiten am Besten leichte, kürzere Trainingseinheiten, die nicht länger als max. 60 Minuten (Laufen) und 2 Stunden (Radfahren) dauern.

Achte darauf, dass deine Intensität in Zone 1/Zone 2 bleibt!

  • Denke daran, dass Fasten die Aufnahme von Wasser und Elektrolyten nicht ausschließt! Eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr ist wichtig.
  • Lass dich nicht entmutigen, wenn der Start schwierig ist.

Viele Sportler berichten, dass es in den ersten zwei Wochen am Schwierigsten war, nach 2 bis 3 Wochen wurde es deutlich einfacher.

„Anaerobe Glycolyse “

„Anaerobe Glycolyse “

Die Glykolyse – also der Abbau von Glucose zur Energiegewinnung – ist ein zentraler Prozess, den jeder Sportwissenschaftler und Leistungssportler kennt. 🤔

Lass uns kurz in die Theorie eintauchen:
– Aerobe Glykolyse wird als Glucoseabbau mit Sauerstoff beschrieben, bei dem Pyruvat entsteht, das anschließend in den Mitochondrien zu Acetyl-CoA abgebaut wird.
– Anaerobe Glykolyse hingegen soll Pyruvat ohne Sauerstoff zu Laktat reduzieren.

Klingt vertraut, oder?
Doch eigentlich ist Laktat das Hauptendprodukt beider Formen der Glykolyse, unabhängig davon, ob Sauerstoff vorhanden ist. Tatsächlich ist die Laktatproduktion im Ruhezustand wie auch bei Belastung immer um ein Vielfaches höher als die Produktion von Pyruvat.

💡Das bedeutet:
Die Begriffe „aerobe“ und „anaerobe Schwelle“ sind nicht korrekt, da beide Stoffwechselvorgänge immer unter aeroben Bedingungen stattfinden.
Und Laktat? Das ist kein Abfallprodukt, sondern ein unverzichtbarer Energielieferant!

Warum ist das wichtig? 🤓
Viele Trainingsansätze basieren auf diesen alten Konzepten und führen zu Missverständnissen. Zum Beispiel:
– „Anaerobe Schwelle“ suggeriert, dass der Körper ab einem bestimmten Punkt aufhört, Sauerstoff zu nutzen – was so nicht stimmt.
– Laktat wird oft fälschlicherweise als Zeichen für „Übersäuerung“ interpretiert, dabei ist es ein Brennstoff, den der Körper effizient verwerten kann.

🔑 Der Schlüssel liegt im Laktatmanagement:
– Dein Körper produziert bei intensiven Belastungen mehr Laktat, das in den Ruhephasen als Energiequelle genutzt wird.
– Durch gezieltes Training kannst du lernen, Laktat effizienter zu verwerten und damit deine Leistungsfähigkeit zu steigern.

Das ist besonders für Intervalltraining relevant: Während der Belastungsphasen steigt dein Laktatspiegel, aber in den Erholungsphasen „recycelt“ dein Körper dieses Laktat für Energie. 🏃‍♂️💨
Für Sportwissenschaftler, Trainer und Athleten bedeutet das:
Es ist Zeit, veraltete Konzepte wie die „anaerobe Schwelle“ hinter sich zu lassen und Trainingsstrategien an der modernen Muskelbioenergetik auszurichten.

🌟 Fazit:
Laktat ist kein Feind, sondern ein Freund. 💪 Wenn wir verstehen, wie unser Körper diesen wertvollen Energieträger nutzt, können wir Trainingspläne optimieren und das Maximum aus unserer Leistung herausholen. 🚴‍♀️🏋️‍♂️

Blutzucker und Glycogen

Blutzucker und Glycogen

Regulation von Glucose – und Glycogen im Sport

Seit vielen Jahrzehnten gehen wir in der Sportwissenschaft davon aus, dass Kohlenhydrate (KH) die vorrangige und vor allem notwendige Energiequelle für intensive und langandauernde sportliche Belastungen sind.

Rückblick:

In den 1960er Jahren wurde die Technik der Muskelbiopsy entwickelt und somit die Menge an Glykogen (Speicherform von Kohlenhydraten) im Muskel messbar. 1967 publizierten die skandinavischen Wissenschaftler Bergström und Hermansen die Ergebnisse ihrer Untersuchungen, die zeigten, dass mehr Glykogen in der Muskulatur sich auf die Ausdauerleistungsfähigkeit auswirkt. Sportler mit mehr Glykogen vor der Belastung konnten länger eine hohe Leistungen erbringen.
Als Folge entwickelte sich das „Carboloading“.  Je mehr Kohlenhydrate vor und während der Belastung, desto besser. Aktuell wird besonders im Radsport eine KH-Aufnahme von 120g und mehr pro Stunde empfohlen.

Eine Studie, die bereits in den 1930er Jahren veröffentlicht wurde, erlangte leider keine wissenschaftliche Beachtung. Die Skandinavier Christensen und Hansen stellten bei ihren Belastungsuntersuchungen die Bedeutung der Regulation des Blutzuckerspiegels heraus. Bei der Aufnahme von KH konnten die Probanden deutlich länger körperlich belastet werden. Allerdings veränderte sich trotz KH-Zufuhr der Energiestoffwechsel im Muskel nur unwesentlich, die KH-Oxidation in der Muskulatur veränderte (steigerte) sich nicht signifikant.
Daraus folgerten sie, dass der Glykogenverbrauch in der Muskulatur nicht durch die Aufnahme von KH bzw. Glucose verändert bzw. gesteigert wird. Den größten Effekt auf die Leistungsfähigkeit hatte nachweislich die Regulation des Blutzuckerspiegels, solange dieser aufrecht erhalten werden konnte, hatten die Probanden keine Probleme, die Leistung über mehrere Stunden durchzuhalten.

Energiestoffwechsel:

Prins et al. veröffentlichten 2023 eine Studie, die die Bedeutung der Kohlenhydrate bzgl. der Ausdauerleistungsfähigkeit in einem anderen Licht erscheinen lässt.
In einem Cross-Over-Design ernährte sich eine Gruppe von gut trainierten Läufern jeweils 4 Wochen High Carb und im Anschluss jeweils 4 Wochen Low Carb. Bei jeder Ernährungsweise wurden im Verlauf der 4 Wochen mehrere Leistungstests durchgeführt, wie z.B. VO2 max. Test, 1,5km Time Trial und eine Laufeinheit mit mehreren 800m Intervallen. Die Ergebnisse zeigten, dass die Leistungsfähigkeit, nach 4 Wochen, unabhängig der Ernährungsweise, identisch war. Dies war die erste Untersuchung, die darstellen konnte, dass auch bei einer Low Carb Ernährung und reduziertem Glykogengehalt in der Muskulatur hohe Belastungsintensitäten und Leistungsfähigkeit möglich sind, die Kohlenhydrate also nicht „per se“ die entscheidende Energiequelle darstellen. Wenn wir die aufgeführten Aspekte berücksichtigen, könnten wir den Kohlenhydratstoffwechsel vor und während der sportlichen Belastung aus einer „neuen“ Sicht betrachten.

Der Kohlenhydratstoffwechsel kann in zwei unterschiedliche „Pools“ aufgeteilt werden:

  1. Der Blutzucker als „kleiner Pool“ und
  2. Die Glykogenspeicher der Muskulatur als „großer Pool“

beide Pools werden jedoch unterschiedlich und unabhängig voneinander reguliert.

Die Untersuchungen von Coyle et al. 1991 gaben weitere Hinweise für den beschriebenen Ansatz. Eine Gruppe von Radsportlern wurde bei einer 4-stündigen Dauerbelastung mit Kohlenhydraten versorgt, eine Kontrollgruppe jeweils ohne KH. Die KH-Gruppe konnte die Belastung deutlich länger aufrechterhalten als die Kontrollgruppe. In der Betrachtung des Blutzuckerspiegels der beiden Gruppen wurde deutlich, dass mit dem Abfall der Blutglucose auch die Leistung zeitgleich zurückging. Wurde die Blutglucose wieder erhöht, konnte auch die Belastung weitergeführt werden. Interessant ist jedoch die Betrachtung der Glykogenmenge vor und nach der Belastung. Unabhängig der KH-Zufuhr waren die Mengen bei beiden Gruppen identisch. Der Glykogenverbrauch wurde nicht von der KH-Versorgung während der Belastung beeinflusst. Die Analyse des Energiestoffwechsels zeigte zudem, dass das Energiedefizit aus der verringerten KH-Oxidation der Kontrollgruppe durch eine gesteigerte Fett-Oxidation fast identisch bzgl. der Energiemenge ausgeglichen wurde.

Wir können folgende Folgerung im Bezug zum Kohlenhydratstoffwechsel ziehen:

  1. Exogene KH Aufnahme (Getränke, Riegel etc). reguliert primär den „kleinen Pool“, den Blutzuckerspiegel. Dabei wird durch die Zufuhr die körpereigene (endogene) Glucoseproduktion der Leber unterstützt, mit dem Ziel, den Blutglucoselevel zu stabilisieren.
  2. Glucose aus Muskelglykogen. Die Aufnahme von KH hat keinen Einfluss auf den Glykogenverbrauch. Dies geschieht nur „indirekt“ über Insulinausschüttung, als Folge der KH-Zufuhr wird die Fett Oxidation reduziert, was in gleichem Maße wieder den Glykogenverbrauch erhöht. Der Glykogenverbrauch wird also primär über den Grad des Fettstoffwechsels gesteuert.

Die Studienergebnisse von Hawley et al. unterstreichen diese Energiestoffwechselregulation.
Bei einer Gruppe von Sportlern wurde jeweils 25g und 125g Glucose/h infundiert. Bei 125g/h wurde die Fett Oxidation deutlich reduziert, als Folge wurde das „energetische Defizit“ über Glykogenverbrauch ausgeglichen.
Welton et al. zeigten 1998 bei ihren Untersuchungen, dass auch der Muskelglykogengehalt zu Beginn der sportlichen Belastung eine entscheidende Rolle für den Energiestoffwechsel darstellt.
Sie konnten nachweisen, dass ein deutlich reduzierter Glykogengehalt zu Beginn eine erhöhte Fett Oxidation zur Folge hat. Wohingegen ein normaler Glykogenkonzentrationen eine reduzierte Fett Oxidation und gesteigerten Muskelglykogenverbrauch aufzeigte. Dieses Zusammenspiel von Glykogenkonzentration und Fettstoffwechsel wird nicht durch exogene KH-Aufnahme beeinflusst, auch nicht bei reduzierter Glykogenverfügbarkeit.

Take Home:

  • Muskelglykogen und Blutzucker-Oxidation sind während sportlicher Belastung unterschiedlich reguliert.
  • Leberglykogenverbrauch ist bei KH-Aufnahme reduziert.
  • Muskelglykogenverbrauch ist bei KH-Zufuhr gesteigert.
  • KH-Aufnahme reduziert die Fettoxidation. Das Energiedefizit (weniger Fettstoffwechsel) wird durch gesteigerten Glykogenverbrauch ausgeglichen.
  • Ein wichtiger Faktor für die Fettoxidation ist der Muskelglykogengehalt, so reguliert der Muskel seinen eigenen „Glykogenverbrauch“ über den Grad des Fettstoffwechsels.
  • KH-Zufuhr während der Belastung beeinflusst also direkt den „kleinen Glucose Pool“, um sicherzustellen, dass der Blutzuckerspiegel nicht absinkt (Hypoglykämie).
  • KH-Aufnahme beeinflusst den „großen Glucose Pool“ nur indirekt durch Verringerung der Fettoxidation und als Folge eine erhöhte Glykogenoxidation.
  • KH Vor und Während der Belastung beeinflussen die Leistungsfähigkeit nur in dem Maße, wie der Energiestoffwechsel des „kleinen Glucose Pools“ gesteigert werden kann.

 

Energiestoffwechsel

Energiestoffwechsel

Basierend auf deinen Leistungswerten, zu Haue oder im Labor ermittelt, erstellen wir eine detaillierte Auswertung deiner aeroben und anaeroben Leistungskapazität.
In der komplexen Energiestoffwechselauswertung bestimmen wir dein maximales Laktat Steady State (der Intensitätsbereich bei dem das im „anaeroben“ Energiestoffwechsel produzierte Pyruvat/Laktat nicht mehr ausreichend im „aeroben“ Energiestoffwechsel verstoffwechselt werden kann), Dieser Intensitätsbereich wird auch Anaerobe Schwelle bzw. Functional Threshsold Power (FTP) genannt. Zusätzlich bestimmen wir deine maximale Laktatproduktionsrate sowie deine VO2 max. Besonderen Fokus legen wir auf die Verteilung der energieliefernden Substrate bei unterschiedlichen Belastungsintensitäten. Auf Basis dieser Daten können wir individuelle Pacing- und Ernährungsstrategien für deine Sportart und Disziplin erstellen.